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Rezension - Versprochen zu dienen

Titel: Versprochen zu dienen (Band 1 der X Saga, Blue Eyes Serie)

Autorin: Lilly Schwarz 

Genre: Sci-Fi, Dystopie, Gay Romance 

Selfpublishing 

Seitenanzahl: 420 Seiten

Preis: Taschenbuch 16,99€ - gibt es auch bei kindle unlimited! 

Ich bedanke mich vielmals bei der Autorin für das Rezensionsexemplar, die Bereitstellung dieses beeinflusst meine Meinung nicht.

Cover:

In diesem Fall war der Klappentext für mich ausschlaggebend bei der Entscheidung für das Buch, da das Cover zunächst weniger mein Fall ist. Die Farbgebung und der technisch/dystopisch anmutende Hintergrund sind sehr gelungen, allerdings finde ich echte Personen auf dem Cover nie wirklich besonders schön. Zudem könnte sich die Schrift ein wenig mehr vom Hintergrund abheben. 

 

Inhalt:

»Die Regierung hat das Wissen, die Regierung hat die Macht.«

Hunger und Durst, Obdachlosigkeit und Verzweiflung - welche Grenzen würdest du überschreiten, um diesen Nöten zu entkommen?

Elijah gibt alles – seinen Körper und seinen Geist.

Leutnant Elijah Albright ist mit Leib und Seele Soldat. Er verehrt seine erbarmungslose Regierung und folgt ihr ohne Umschweife. Eine einzige Nacht, die er mit einem Fremden verbringt, stellt alles auf den Kopf. Sein geordnetes Leben gerät aus den Fugen, als dieser Unbekannte unverhofft wieder in seinem Leben auftaucht. Während Elijah glaubt, sein größtes Problem seien seine Gefühle für diesen Mann, droht Elijah durch die Geheimnisse der Regierung viel Schlimmeres ...

 

Meine Meinung:

Der Schreibstil ist für ein gelungenes Buch maßgebend, denn einzig und alleine er verleiht den bloßen Worten auf Papier ihr Leben. Sein erster Eindruck ist es, der mich oft bereits nach wenigen Zeilen ein Gespür dafür bekommen lässt, ob die Chemie zwischen mir und meiner gewählten Lektüre stimmt. In diesem Fall verleiht der locker-flüssig, aber dabei dennoch ausdrucksstarke Schreibstil von Lilly Schwarz ihrem Roman direkt zu Beginn eine authentische Stimme, die das Weiterlesen zunächst unabdingbar macht. 

Die gewählte Ich-Perspektive ermöglicht es dabei, sich zunächst tief in die Gedanken und Gefühle des Protagonisten Elijah hineinzuversetzen, während später auch weitere Nebencharaktere wie etwa Thomas, Deniz und Elijahs (nicht allzu lange) geheimnisvoller Fremde ihre Perspektiven beitragen.

Vor einem jeden Kapitel befinden sich zur Unterstützung passende Illustrationen der Charaktere, aus deren Sicht das jeweilige Kapitel verfasst ist. Diese finde ich nicht nur genial, da sie super hübsch geworden sind, sondern auch, da man sich durch die Verbildlichung schnell merken kann, wer wer ist, was mir persönlich sonst bei Perspektivwechseln, die in anderen Büchern nur durch Namen gekennzeichnet sind, des öfteren erst einmal schwer fällt.

Durch die Augen der Männer verschiedener Ränge zu blicken, ermöglicht dem Leser hierbei einen einfachen Zugang zu einem komplex erschaffenen System, wobei neben den Ansichten der handelten Figuren dennoch genügend Spielraum für eigene Meinungsbildung bleibt. 

Eben dieses System selbst ergibt sich aus einem düsteren Zukunftsszenario, in dem die Macht rein bei der militären Regierung liegt, denn nur die Exekutive als vollstreckende Gewalt wisse wirklich, wie ein Land zu regieren sein. Dabei lebt ein Großteil des Volkes in bitterer Armut, gezeichnet von Hunger, Krankheit und Leid. Der Klimawandel hat die Erde beinahe unbewohnbar gemacht, Natur und frische Luft werden künstlich erzeugt und sind genau wie Luxus und Reichtum der Elite vorbehalten. 

Auch bei wenig vorhandenem Vorwissen über das Militär gelingt es dank zahlreicher anschaulicher Erklärungen, sich problemlos in die Geschichte und das System hineinzufinden. Der Leser wird von den Charakteren bei der Hand genommen und geschickt durch die Augen eben dieser in eine für uns neue Welt mitsamt all ihren Eigenarten und Regeln eingeführt. Die Ich-Perspektiven helfen an dieser Stelle nicht nur Nähe zu schaffen, sondern auch das Verständnis zu vereinfachen, da man direkt an dem Leben und vorhandenem Wissen der einzelnen Figuren in ihren vielfältigen Positionen teilhaben darf, anstatt nur stumm von außen zu beobachten. 

 

Ich bin grundsätzlich ein großer Fan von Dystopien, habe bereits Romane wie "Tribute von Panem" und "Maze Runner" in der Jugend verschlungen, bevor ich auf Klassiker wie "1984", "Fahrenheit 451" und "Corpus Delicti" stieß, und dass eine Gesellschaft, wie hier vorliegend anhand typischer Genremerkmale auch unter eben diese Kategorie fällt, ist wohl von wenig Überraschung. Was mich allerdings sehr wohl überraschen konnte, ist die eigentliche Tragweite des Systems, das Lilly Schwarz hier erschaffen hat. Der Klappentext hat mich keinesfalls erahnen lassen, wie komplex die dystopische Gesellschaft in diesem Roman werden würde. Habe ich zunächst einiges bekanntes in einem neuen Format verpackt erwartet, so wird direkt zu Beginn klar, dass die Dystopie völlig neue Nuancen, die ich so zuvor noch nie in anderen Romanen gesehen habe, aufgreift. Das System ist innovativ und überzeugt mit Glaubwürdigkeit und einer unglaublichen Authentizität. Durch die etlichen Details, die dem Worldbuilding zu Grunde liegen, entfaltet sich ein sehr lebendiges Setting, das sich sehr schnell real anfühlt und eben dadurch fesselt. Natürlich finden sich hier und da einige bekannte Elemente wieder, schließlich können auch Autoren das Rad nicht völlig neu erfinden, allerdings ist "Versprochen zu dienen" in seinem Kern so vielschichtig, dass man als Leser stets neue Facetten zwischen den Seiten entdeckt, die ineinandergreifen und ein spannendes neues Bild ergeben. Man möge nun meinen, diese komplexen Strukturen seien trocken oder es dauere eine Weile, bis man sich in die Geschichte einfinden kann, allerdings ist genau das Gegenteil der Fall. Durch die Interessanten Neuheiten bleibt man als Leser nicht nur am Ball, sondern die vielen Inhalte erklären sich meist gegenseitig und so blieben zumindest bei mir zuletzt nur wenige ungeklärte Fragen offen. 

 

Was genau macht das System denn nun aber so interessant? 

Einerseits ist es der große Rahmen, wie etwa der bereits benannte Fokus auf dem Militär als tragende Führungskraft und der Faktor, dass alle Charaktere eben diesem auf die eine oder andere Weise angehören. Dadurch ergeben sich spannende Machtgefüge und ganz eigene Beziehungen der Figuren zueinander. Diese fallen mit einem gelungenen Spiel aus Sympathie für einige und starke Antipathien für andere ins Gewicht, die mich das ein oder andere Mal an die Grenzen meiner Nerven gebracht haben - im positiven Sinne versteht sich. 

Wie üblich für Dystopien, werden auch hier Systemkritiker verfolgt, dennoch gibt es verborgene Gegenbewegungen, Rivalitäten und Zweifel, die für stetige Dynamik sorgen. Aus den vielfältigen Charakteren, Ansichten und Intrigen ergibt sich dabei ein solider Spannungsbogen, der sich durch das gesamte Buch zieht und keine Längen aufkommen lässt. 

Ich habe stets gespannt "Nur noch ein Kapitel" gelesen, die aufgrund ihrer moderaten Länge geradezu dahin fliegen. 

Andererseits sind es auch die kleineren Feinheiten, die das System so besonders machen. 

So ist der wichtigste Handlungsträger des Romans natürlich unser Protagonist Elijah. Als ein "X- Gebrandmarkter", zählt er durch einen angeborenem Gendefekt zur untersten Klasse Mensch. Dennoch ist er mit einer Schönheit gesegnet, die es ihm vermag, Aufstiegsmöglichkeiten zu genießen und sich ein besseres Leben zu schaffen, Dies geschieht über das sogenannte Dienstleistertum, körperliche Dienste, die höhergestellte Männer in Anspruch nehmen können und im Zuge dessen Empfehlungen aussprechen.

Frauen sind in dieser Gesellschaft rar, und somit sind Beziehungen zwischen Männern gang und gäbe und völlig natürlich, was ich beim Lesen als sehr angenehm empfand. Genau so sollte es auch in unserer Gesellschaft sein - wenn natürlich auch unter anderen Begebenheiten. 

Zudem ist beim Leseerlebnis auch einmal mehr erschreckend, dass trotz völliger Abwegigkeit der Lebenssituationen auf den ersten Blick, einige Begebenheiten letztlich bei genauerer Betrachtung doch gar nicht so weit von unserer Realität entfernt sind. Wenn die gegebenen Zustände auch überspitzt dargestellt sind, so macht es dennoch nachdenklich Parallelen ziehen zu können und zu sehen, inwiefern wir bereits ähnliche Zustände vorzuweisen haben oder darauf zu steuern zu scheinen. Besonders der Gedanke des scheinbar unfehlbaren Systems rückt dabei in den Vordergrund. 

Wie sehr kann man den "Allmächtigen" vertrauen? Wie weit darf bedingungsloser Gehorsam gehen? 

Der Roman ist politisch interessant ohne jedoch in politischer Roman selbst zu sein oder das Thema zu vordergründig zu thematisieren. Das Gedankengut ist vielmehr geschickt in Geschichte eingewoben, wie ein Band, das sich durch die Handlung zieht, den Leser in eben dieses wickelt und erst zu Ende langsam wieder los lässt.  

 

Nichtsdestotrotz ist das Buch letztlich weitaus mehr als nur eine reine Dystopie. Neben den gesellschaftlichen Zukunftsaspekten, ist die Geschichte nach einer Anlaufphase im ersten Drittel, im Herzen eine berührende und mitreißende Gay-Romance, die mit ihren romantischen Elementen inmitten all der Zerstörung, den Leser in seinen Bann zu ziehen vermag.

Die Autorin versteht es meisterhaft, die Liebesgeschichte zwischen Elijah und dem mysteriösen Fremden in die Handlung einzuflechten, ohne dabei den eigentlichen Plot aus den Augen zu verlieren. Oftmals erlebt man, dass die Romanze, sobald sie eingeführt wird, den eigentlichen Handlungsverlauf überlagert und verdrängt, doch hier dürfen dystopische Gesellschaft und Geheimnisse der Regierung mit der prickelnden Leidenschaft koexistieren. Dabei ergänzen sich die Thematiken gegenseitig und funktionieren wie ein Triebwerk für einander, um die Spannung und das Interesse des Lesers aufrecht zu erhalten. Die Charaktere sind allesamt sehr sympathisch und ich fand mich schnell am Mitfiebern in ihrer Zerrissenheit und der Entwicklung ihrer Beziehung, sowie der eigenen PersönlichkeitenÜberzeugt wird dabei mit einigen Geheimnissen, Überraschungen und Wendungen, um die Spannung durchweg zu erhalten. 

Denn da ist natürlich auch noch die SACHE, die zwischen den beiden steht...

 

Fazit:

Lilly Schwarz hat mit ihrem Werk mein Feuer für Dystopien wieder neu entfacht und mich sehr begeistert. Ich hatte viel Spaß beim Lesen, wurde mitgerissen und durfte mich für einige Stunden als ein Teil einer neuen, fesselnden Welt fühlen, die jedoch gerne zwischen den Seiten des Buches bleiben darf. 

Ich vergebe abschließend 4,5/5 Sterne und möchte bitte mehr davon! Wie gut, dass die Geschichte  keineswegs in einem Band auserzählt ist, sondern es bereits eine Fortsetzung gibt. 

Der Folgeband ist am 1.08.23 unter dem Titel "Versprochen zu lieben" erschienen. 

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