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Rezension - Das Dunkle zwischen uns

Titel: Das Dunkle zwischen uns 

Autorinnen: Jasmin Mrugowski, Nadine Opitz, Sarah Jahed (RWC Rising Writers Club)

Verlag: BoD

Seitenanzahl:  244 Seiten

Preis: 13,80€

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Ich bedanke mich vielmals bei den Autorinnen für das Rezensionsexemplar, die Bereitstellung dieses beeinflusst meine Meinung nicht

Cover:

Das Cover gefällt mir in seiner Schlichtheit, verspricht in seiner Optik einen klassischen Horror, mit einer Portion Grusel ohne sich rein auf typisch schwarzen Hintergrund zu stützen. 

 

Inhalt:

Das Böse schläft nie und zieht aus dem Verborgenen die Strippen seiner Marionetten, während wir ahnungslos in das Land der Träume gleiten.

Folgt Agathe, Micha und Vincent – um nur ein paar der armen Seelen zu nennen, die in den siebzehn Geschichten dieser Anthologie bis an ihre Grenzen getrieben werden.

Fühlt ihre Verzweiflung, versinkt in ihren verstörenden Gedanken, entdeckt seelenfressende Monster oder unscheinbare Serienkiller. Die Geschichten bedienen sich allem, was die verschiedenen Genres der Angst zu bieten haben und werden euch in die dunkelsten Abgründe ziehen.

 

Meine Meinung:

Die Einführung in die Sammlung geschieht über ein kurzes vorangestelltes "Tretet ein", das den Leser poetisch an das kommende Geschehen heranführt- und eintreten, tat ich daraufhin sehr gerne. 

Zunächst einmal fiel der schöne Buchsatz ins Auge. Dazu gibt es außerdem auch einige Illustrationen, welch angenehme Überraschung. So steht ein jeder Geschichte ein passendes Bild voran, das auf eben diese einstimmt. 

Vor Beginn des eigentlichen Lesens war ich nun besonders gespannt. So ist "Das Dunkle zwischen uns" meine erste Geschichtensammlung, die nicht nur Werke einer Einzelperson zusammenfasst oder eine einzelne Geschichte pro Autor vorstellt, sondern stets abwechselnd kurze Häppchen von drei verschiedenen Autorinnen umfasst. Diese Abwechslung ist besonders stilistisch interessant zu lesen, wobei ich schnell festgestellt habe, da jede der drei einen ganz individuellen Stil besitzt. So ist, wage ich einmal zu behaupten, auch für jeden Leser sicherlich etwas für den persönlichen Geschmack dabei.  

Ursprünglich hatte ich mir vorgenommen jeden Tag eine der Geschichten zu lesen, allerdings wurde ich dann doch irgendwann zu neugierig und wollte weitere Geschichten entdecken, diese so interessant und vielfältig, dass ich letztlich doch binnen weniger auch schon wieder fertig mit dem Leseerlebnis war. 

Wie immer möchte ich nun im folgenden noch kleine Kostproben der jeweiligen Geschichten geben und meine differenzierten Meinungen dazu teilen, um dem ein oder anderen Leser die Entscheidung vielleicht noch ein wenig einfacher zu machen. 

Die einzelnen Geschichten:

1.) Sarggeflüster 

Über Rache und die Dunkelheit im Menschen liest es sich, sobald man die Pforten zur Sammlung des Grusels erstmals öffnet. Eine sehr gelungene Einstiegsgeschichte, die eine düstere Stimmung schafft, Lust auf mehr bereitet und den Ton für das gesamte Buch setzt. 

2.) Unter die Haut 

Der Handlungsort Tattoostudio bringt eine Geschichte hervor, die mit mentaler Gesundheit und deren Auswirkungen spielt und dabei einen coolen kleinen Twist besitzt. 

Persönlich bin ich ja ein großer Fan von ein wenig Foreshadowing, das besonders im Gruselbereich sehr schnell eine Gänsehaut beschert, leider war es mir hier zu Beginn jedoch zu viel des guten. Durch die stetige Wiederholung, es geschähe bald etwas schlimmes und alles stehe kurz davor sich zu verändern, fühlte sich die Spannung in meinen Augen ein wenig erzwungen an. Darauf hätte ich als Leser lieber verzichtet und stattdessen das Gefühl durch die Handlung selbst beschert bekommen. Diese ist rein inhaltlich allerdings sehr innovativ und lesenswert. 

3.) Der Puppenmacher 

Ich beharre darauf, dass Kinder in Horror immer für gruselige Begebenheiten sorgen, so auch hier ohne Ausnahme. Die Geschichte rund um den Puppenmacher würde sich für ein cooles düsteres Märchen eignen und ist sehr interessant, war hier innerhalb der wenigen Seiten ein Ticken zu kurz um Spannung aufzubauen bzw. auch halten zu können und hätte von mehr Umfang profitiert, um ihr volles Potential entwickeln zu können. 

4.) Das Dunkle zwischen uns

Das Bild dazu - wow, was ein Hingucker. "Das Dunkle zwischen uns" ist in diesem Falle die titelgebende Geschichte, auf welche ich in Kurzgeschichtensammlungen ja immer besonders gespannt bin, da ich es mag wenn sie auch inhaltlich hervorstechen. Dies tut sie auf jeden Fall. So trifft man hier auf zwei Erzählstränge, die eine tragische Liebesgeschichte in einem cleveren Spiel mit Parallelen, erzählen.  Im Vergleich zu ihren Vorgängern ist die Geschichte dabei eher sanft und ruhig, beinahe schon philosophisch, aber dennoch in der letztlichen Wirkung nicht weniger düster. Es wird dem Leser an dieser Stelle gute Abwechslung geboten. 

5.) Rachegeister 

Eine vergleichsweise längere Story der Sammlung, die stilistisch genau mein Fall ist. In Rachegeister gibt es klassischen Grusel mit Leuchtturm Setting zu entdecken, eine geniale Fortsetzung zur ersten Geschichte der Sammlung. Dabei hat sie sich schnell zu meiner neuen Favoritin gemausert, wobei man die beiden wohl auch gemeinsam als ein großes Bild betrachten kann. Der Horror in "Rachegeister" hat es letztlich geschafft mich nicht nur zu gruseln, sondern im gleichen Atemzug zu berühren und nachdenklich zu machen- dies ist wirklich etwas ganz besonderes.  Ein kleines Highlight!

6.) Ich bring dich heim

Hier trifft angenehmer Schreibstil auf eine gute Premise, die in einem Twist endet, mit dem ich so sicherlich nicht gerechnet habe. Insgesamt habe ich mir dennoch mehr davon erhofft. Auch diese Geschichte hätte von nur wenigen Seiten mehr bereits sehr profitieren können. 

7.) Der Seelenfänger

Vermutlich meine liebste Illustration, die ich mir so auch jederzeit an meine Wand hängen würde. "Der Seelenfänger" ist deutlich länger als die bis dato gelesenen Vorgänger und überzeugt ausnahmsweise mit einem übernatürlichen Horror, wobei auch das Thema Krieg einen Platz findet und genauso bedrückend wirkt, wie der eigentliche Gruselfaktor der Geschichte. Diese besitzt eindeutig Potential, war für mich als Kurzgeschichte dann aber doch nicht so schlüssig, wie sie es in länger vielleicht gewesen wäre. Trotzdem besitzt sie einen interessanten Spannungsbogen. 

8.) Ich hab ihn gesehen

Die Ich-Erzähler Perspektive dieser Story macht eben diese so glaubwürdig und lässt den Leser mitfiebern. So fühlen sich die Erlebnisse und der Schrecken des Protagonisten, ein Sohn der unheimliche Erlebnisse in einem Brief an seinen Vater schildert, durch die geschaffene Nähe, sehr real an. Ein eingearbeiteter Zeitungsartikel ist hierbei nicht nur stilistisch wirklich cool, sondern rundet das Ganze auch perfekt ab. 

9.) Das Haus der vergessenen Bücher 

Na wenn der Titel mal nicht Lust auf die Geschichte macht, dann weiß ich auch nicht!  

Und siehe da- auch sie hat sich mit ihren coolen Protagonisten und erfrischenden Dialogen ganz schnell nach oben zu meinen Favoriten gemausert. Sehr unterhaltsam!

Ach und sollte ich mal in einer "verdammten Büchergruft gefangen" sein - bitte lasst mich einfach dort. Ich gehe auch nicht in den Keller...versprochen...

10.) Die Flucht

Der Titel ließ mich eine völlig andere Handlung erwarten, doch "Die Flucht" stellt sich letztlich als Geschichte über häusliche Gewalt in umgekehrten Rollen heraus, die sich über vier Tage erstreckt. Statt zu gruseln, löste sie eher eine gewisse Schwere in mir aus und sollte trotz weniger Seiten noch nachwirken. Einen zuletzt eingeworfenen surrealen Aspekt hätte ich nicht benötigt, doch er tut dem ganzen keinen Abbruch und ist noch immer in Realität verankert. 

11.) Der Henkersberg

Wieder eine Illustration, die ich zunächst einmal absolut genial finde, so ist sie beinahe ja schon ein wenig poetisch. "Der Henkersberg" ist eine dieser Geschichten, die sich ihre knackige Kürze für Spaß und Spannung zum Vorteil macht und bestens auskostet. Ein wenig humorvoll, eine Priese klassischer Spukhaus Grusel und Zack- eine Kurzgeschichte ganz nach meinem Geschmack. Prägnant und effektiv. 

12.) Das Memory-Kind

Eine Geschichte, die mir mal wieder bewiesen hat, dass man stets aufmerksam lesen sollte. So habe ich tatsächlich zwei Anläufe gebraucht, um sämtliche raffiniert gelegte Verbindungen zu bemerken und zu verstehen, doch sobald sich der "Ach so, jetzt hab ichs!"-Moment eingestellt hat, fand ich das gesamte Konstrukt wirklich sehr interessant und hätte gerne mehr davon, da es sich um ein in meinen Augen sehr spannendes Thema handelt, auf das ich aufgrund von Spoilern hier allerdings nicht näher eingehen möchte. Lies selbst und finde es heraus ;)

13.) Gegenüber

Ein drei Seiten Häppchen, das thematisch und stilistisch eine ganz nette Abwechslung zum Rest bietet, ganz niedlich beschreibt "Gegenüber" aber vermutlich besser als gruselig und so bleibt nur ein wenig Mitgefühl zuletzt übrig, anstelle eines langanhaltenden Effektes. 

14.) Der Boom-Pow-Effekt

Unter dem Titel konnte ich mir zunächst nichts vorstellen, umso gespannter war ich dadurch auf den Inhalt. Traumabewältigung durch die eigene Passion für Comics aus Kindersicht - bereits die Thematik klingt ein wenig hoffnungsvoller als die einiger Vorgänger. 

Die Handlung bietet dabei weniger Grusel, dafür deutlich mehr Spannung, indem Stück für Stück immer mehr der ursprünglichen Geschehnisse enthüllt werden und ich habe mich kurzzeitig in einen Sog gelesen, der mich bis zum Beenden nicht mehr losließ. Und so schnell werden mich das Micha und der Shadow-Crawler sicherlich auch nicht mehr. Inmitten der ganzen düsteren Geschichten ein  kleiner Lichtblick, der mich angenehm überrascht hat, dennoch aber auch bedrückende Elemente besitzt. Einprägsam beschreibt "Der Boom-Pow-Effekt" sehr treffend. 

 

Es folgen drei abschließende Kurzgeschichten, die als "Jahrmarktgeschichten" betitelt sind, ein Setting, das ich grundliegend sehr gerne mag und das einen erneuten Kontrast zu den teils dunklen Handlungsplätzen der bisher gelesenen Einträge bildet. 

15.) Auf dunklen Schwingen

Die erste auf dem Jahrmarkt stattfindende Geschichte beschäftigt sich mit Emily, gezeichnet von einem schweren Verlust, und ihrer Zeit auf eben diesem. Einige Gespräche wirkten auf mich beinahe ein wenig zu gezwungen philosophisch, dennoch gefiel mir die Atmosphäre durch das Setting beim Lesen sehr, bis ich letztlich völlig von den Socken gehauen wurde und es sich mir eröffnete, wie auch diese Handlung ihren Weg in die Sammlung gefunden hat. Auch hier gilt- selbst lesen, um mehr herauszufinden. 

16.) Der Maskenball

Spätestens seit dem zweiten Teil von Fifty Shades of Grey träumt ein jedes Mädchen doch insgeheim von einem Besuch auf einem Maskenball. Nein? Nur ich? Nun ja, wie dem auch sei. Solch ein Maskenball spielt jedenfalls, wie der Titel hier wohl unschwer erahnen lässt, eine zentrale Rolle - wenn auch ganz anders als zunächst angenommen. So ist dieser Story eine fantastische, bei der sich Magie in dem mystischen Setting gekonnt entfalten kann und eine zauberhafte kleine Geschichte schafft, die eher ruhig und gemächlich ihre Wirkung ausbreitet und mir besonders auch stilistisch sehr gefallen hat. 

17.) Nichts als ein Echo 

Und damit findet die Sammlung nun auch ihr würdiges Ende. Ich hatte die Ehre, bei einem gemütlichen Gewitter und mit warmen Getränk die letzten Seiten bestreiten und hinter mir lassen zu dürfen, was für eine passende Atmosphäre gesorgt hat. Das gekonnte Spiel aus Ich- und Er-/Sie- Erzähler gibt der Handlung ordentlich Schwung und letztlich rundet "Nichts als ein Echo" das kleine Jahrmarktstrio und auch das gesamte Buch würdig ab. Eine Zwischenwelt, die ich so niemals betreten möchte, aber dennoch glücklich bin, dass sie mir für wenige Minuten ihre Pforten geöffnet und einen Einblick in ihre Dunkelheit beschert hat. 

 

Zitat:

 

~ „Die Toten kommen dich besuchen. Jedes Mal, wenn die Dunkelheit eine Brücke aus dem Jenseits schlägt.“ (S.40 G5)

 

Fazit:

Die Kurzgeschichten in "Das Dunkle zwischen uns" sind mit ihren 5- 30 Seiten knackige Häppchen für zwischendurch, die mal klassische Geschichten, aber auch innovative Ideen, die ich so zuvor noch nicht gelesen habe, präsentieren. Besonders gefallen hat mir dabei der Aspekt "Mensch" , von dem in diesen Geschichten (fast) ausschließlich der wahre Horror auf viele verschiedene Weisen ausgeht. Die Sammlung bietet somit eine düstere und atmosphärische Reise in die Abgründe der menschlichen Psyche. So ist dieser zuletzt doch das am meisten zu fürchtende Monster von allen. Dabei bleiben die Geschichten dennoch sehr facettenreich sind und man wird als Leser stets von neuen Ideen überrascht. Dabei sind sie natürlich oft düster und unheimlich, aber auch zugleich überrascht relevant und realitätsnah, wie mir schweren Herzens immer wieder bewusst wurde. Dadurch klingt die ein oder andere Handlung auch noch Schließen der Seiten noch nach. 

Allerdings hätten manche der Kurzgeschichten von einigen Seiten oder Details mehr profitiert, denn nicht immer liegt in der Kürze auch die gesamte Würze und ich hatte das Gefühl, dass sich manche Handlungen in ihrer komprimierter Form nicht so recht entfalten konnten. Verzeinzelte Geschichten endeten abrupt oder fühlten sich unvollständig an, was ein wenig enttäuschend war, da sie allesamt gute Grundzüge besitzen.

Das Schreibkollektiv der drei Kolleginnen ist letztlich trotz kleinen Abzügen eine wirklich gelungene Sammlung für trübe Tage oder dunkle Nächte, die ich auch Einsteigern, die sich an Horror und Grusel herantasten möchten, ans Herz lege. Ich vergebe 4/5 Sterne. 

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