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Rezension - Verwoben im Wir

Titel: Verwoben im Wir

Autorin: Sarina Samaya

Genre: Spiritueller queerer Liebesroman

Verlag: Cherry Publishing

Seitenanzahl:  239 Seiten

Preis:  13,50€

Ich bedanke mich vielmals bei der Autorin für das Rezensionsexemplar, die Bereitstellung dieses beeinflusst meine Meinung nicht

Cover:

Das Cover und die gewählte Schriftart für den Titel finde ich sehr ästhetisch ansprechend, auch. wenn ich eigentlich kein großer Fan von echten Menschen auf Covern bin. Gerade die Schlichtheit und Farbkombination gefällt mir hier jedoch sehr, auch wenn ich mir noch etwas mehr Bezug zum Inhalt wünschen würde.

 

Inhalt:

Eine schicksalhafte Begegnung. Ein zarter Funken, der Emotionen überkochen lässt …

Zwei Frauen begegnen sich am Rande der Gesellschaft, am Flughafen in Delhi. Als eine Gruppe Männer versucht Marie-Lou zu bedrängen, kann Satya nicht anders als dazwischen zu springen und die Grenze aufzuzeigen, die Marie-Lou durch ihre traumatische Vergangenheit nicht stecken kann. Dieser kleine Moment ist der Anfang einer Verbindung, die das Leben der beiden Frauen für immer verändern sollte.

Sie treffen sich, als sie aufgegeben hatten normal sein zu wollen und sich für Selbstliebe entscheiden. Durch Satya kann sich Marie-Lou einer Intimität öffnen, von der sie nicht zu träumen wagte. Doch auch Satya trägt eine Vergangenheit mit sich, die wie ein Schatten über den beiden hängt und sie immer weiter einzuholen droht …

Kann ihre Liebe einen Raum öffnen, der sich diesem Sog widersetzt?

 

Meine Meinung:

Vom Klappentext sofort angefixt, wusste ich, dass ich dieses Buch unbedingt lesen wollte. Mehr diversity wünsche ich mir stets für mein Bücherregal und die gesamte Buchwelt, weshalb ich mich über neue ansprechende Werke wie dieses stets sehr freue. 

Die Aufmachung dieses Romans ist wunderschön, sowohl außen als auch innen. So wird bereits im kurzen Vorwort erwähnt, dass sich die Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln und Erzählsträngen zusammensetzt, die im Verlauf stets mit filigranen Zeichnungen voneinander getrennt und gekennzeichnet werden. Auch die Kapitelaufmachung entspricht genau meinem Geschmack. 

Doch geht es ja nicht nur um die optischen Aspekte, sondern primär die Frage nach dem Gefallen der eigentlichen Geschichte.

Am besten beschreiben würde ich den Inhalt als eine Kombination aus Aktivismus, Spiritualität und diversity, verwoben zu einer umfassenden Liebesstory rund um zwei Frauen, die beide ihre Päckchen zu tragen haben. Grundliegend eine sehr interessante und besonders wichtige Kombination, die mich allerdings in ihrer Umsetzung zwiegespalten zurückgelassen hat.

Bereits direkt zu Beginn wird deutlich, dass die Autorin einige deutliche Ansichten zu verschiedensten Themen, die ihr am Herzen liegen und die auch tatsächlich wichtig sind, vertritt und hervorheben möchte. Diese wurden mir zu Beginn allerdings nicht genug in die Hauptgeschichte eingefügt, sondern kamen mir eher wie eingeschobene Aspekte vor, die eben unbedingt erwähnt werden sollten. Dennoch wurden mir einige neue Blickwinkel näher gebracht und so manches hat mich zum Denken anregen können, ich hätte mir einfach nur gewünscht, es wäre ein wenig feinfühliger damit umgegangen, da es dann doch an der ein oder anderen Stelle weniger aufzeigend und mehr sehr belehrend wirkte. Zudem waren es sehr viele wichtige Themen auf einmal, die mich teils etwas erschlugen und mir dadurch zunächst wenig Zeit ließen, mich näher mit ihnen auseinanderzusetzen. Auf einen wichtigen Aspekt folgte bereits der nächste,  Gesellschaftskritik, Missstände, Trauma und -bewältigung, Frauen- und Männerbilder, Patriachat und viele mehr reihten sich aneinander. 

Die Liebesgeschichte der beiden Frauen hingegen war durchgehend wunderschön beschrieben, mag vielleicht ein wenig schnell vorangeschritten sein, doch dies ist Teil der Geschichte und hilft dabei, den tieferen Sinn entfalten zu lassen und Themen wie Verbundenheit und Seelenverwandtschaft in den Vordergrund zu rücken. Allerdings habe ich hierbei auch gemerkt, dass während der Schreibstil wirklich schön war, die Umgangsweise der beiden nicht meinen persönlichen Geschmack getroffen hat. Spiritualität spielt so ebenfalls eine sehr große Rolle, doch was als zart, verbunden und eben spirituell dargestellt wurde, konnte mich teils überzeugen und vereinnahmen, wirkte jedoch auch teils ein wenig  skurril auf mich, da ich nicht sonderlich in der Thematik verankert bin. 

Was ich jedoch sehr interessant finde, ist die akkurate und detaillierte Darstellung Indiens und dessen Kultur, anhand deren man schnell merkt, dass sich die Autorin tatsächlich sehr mit dem auskennt, was sie zu Papier bringt. Dieses Wissen zieht sich auf sämtlichen Gebieten durch das gesamte Buch und hat mich sehr beeindruckt, auch wenn ich mit manchem davon besser zurecht kam, als mit anderem. 

Um meinen Kritikpunkt vom Anfang noch einmal aufzugreifen, stehe ich genau hier nun im Zwiespalt. Hatte ich am Anfang noch meine Probleme mit sehr vielen Themen, die auf mich einprasselten und mich ein wenig überforderten, sowie dem Fehlen einer gewissen Richtung, in die sich das Buch entwickelte, so gibt es auch einen Wendepunkt auf den ich aufgrund von Spoilern nicht näher eingehen möchte. Ab diesem hat mir die Geschichte im letzten Drittel jedoch unglaublich gut gefallen. Ich hatte Fragen, deren Antworten ich unbedingt erfahren wollte, habe mitgefiebert und erneut konnte ich neues Lernen, aber auch nun besonders eindringlich miterleben, was manche Frauen in anderen Kulturen ihren Lebensalltag nennen (müssen). Es gab eine nun eine klare Richtung, die ich mir so sehr gewünscht hatte und die Puzzleteile fielen an ihren Platz. Auch die beiden Protagonistinnen sind mir hier nun endlich richtig ans Herz gewachsen, Satya dabei ein wenig mehr als Marie-Lou, und ich wollte wissen, wie es mit ihnen weitergeht, da alles doch nicht ganz so vorhersehbar ablief, wie zunächst vermutet. 

So hatte ich nach einem holprigen Einstieg dann doch noch ein wirklich tolles Leseerlebnis, das ich nun nicht mehr würde missen wollen. 

 

Was ich abschließend noch hervorheben möchte, ist die Verwendung des Gendersternchens, welche ich als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung zum Umgang miteinander und zur Inklusion aller, auch in der Literatur, ansehe. 

Eine weitere Anmerkung bezieht sich noch auf die angesprochene Leserschaft. So sind einige Konversationen kurzzeitig auf Englisch, etwas das mir sehr gut gefallen hat, da ich Englisch ja sowieso liebe und gerne auch mal Denglische oder hin und her switche, jedoch empfehle ich deshalb zumindest Grundkenntnisse in Englisch (oder die Bereitschaft, den ein oder anderen Satz nachzuschlagen). 

 

Fazit:

Das Buch abschließend zu bewerten, fällt mir tatsächlich schwer. "Verwoben im Wir" ist definitiv gelungen und wird sicher einigen Lesern schöne Lesestunden bereiten. Auch mir hat der Roman gefallen, konnte mich allerdings erst im letzten Drittel vollends abholen und von sich überzeugen. Ich vergebe eine eingeschränkte Leseempfehlung für jene, die sich für Spiritualität interessieren oder diese gerne näher kennenlernen möchten, genau wie die Kultur Indiens und die Rolle der Frau in eben dieser.

Für mich als Neueinsteiger in die Thematiken war es leider ein wenig zu viel auf einmal und ich habe gelernt, dass  während ich Spirituelles durchaus interessant finde, es schlichtweg nicht meinem Geschmack entspricht. Ein Interesse für Indien und Frauenrechte konnte der Roman jedoch durchaus bei mir wecken. Lehrreich ist er nämlich allemal! 

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